Mütter und Rabenmutter

Begonnen von blaukleid, 05.12.2015 14:52

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mephisto

Bei meinem ersten Kind bin ich nach 1,5 Jahren arbeiten gegangen - für mich war die Zeit, die ich mit ihm täglich verbrachte (und es hat sich nicht geändert, obwohl er mittlerweile fast 17 ist) sehr wertvoll und da gab es nur Mama/Sohn und sonst nix. Ich hab mir eine liebevolle Tagesmutter gesucht, bei der wir das Glück hatten, dass sie uns als "Familienmitglieder" gesehen hat und ich hatte nie das Gefühl, dass es meinem Kind an etwas fehlte - aber sehr oft ein schlechtes Gewissen, da ich ja nicht die "Vorzeigemom" war, die ihr Kind zB jeden Tag von der Schule abgeholt hat (zur Schule immer). Oft waren es aber genau solche Eltern, die mir dann gesagt haben, ich soll nicht immer an mir zweifeln - jeder macht es nach seiner Art und Weise und für jeden passt etwas anderes.

Ich habe aber oft gehört, was für eine Rabenmutter ich bin, dass ich zB Opa und Oma mit meinem Kind zum Fussballmatch schicke, da ich noch gearbeitet habe. Wie ich es machen kann, dass ich nicht mit der Schulklasse schwimmen gegangen bin etc.. Wie ich es mit meinem Gewissen vereinbaren kann, dass ich Vollzeit arbeite und mein Kind vernachlässige.

Ich war sogar soweit, dass ich mit meinem Kind bei einem Kinderpsychologen war, weil ich wissen wollte, ob ich meinen Kind schade.

Ich habe aus der ganzen Zeit gelernt, mir kein schlechtes Gewissen von irgendjemandem einreden zu lassen, nur weil ich es so mache, wie ich es mache. Ich hab einen wundervollen Sohn und bin mächtig Stolz auf ihn, wie er sich entwickelt hat. Ich würde es wieder so machen, sollte ich noch ein Kind bekommen - nur mit viel mehr Entspanntheit und den Satz "ich bin eine Rabenmutter? Okay - eure Ansicht, aber meinem Kind geht es gut. Er hat vll nicht eine Mom die ständig zu Hause ist, aber er hat eine, die sich freut ihr Kind zu sehen und die es geniest  Zeit mit ihm zu verbringen.
Ich laufe dir gerne entgeben, aber nicht hinterher :)

Bobby15

ich finde das ist ein sehr diffiziles Thema, denn es ist oft für Außenstehende nur schwer zu beurteilen. Und nur weil jemand "eh daheim" ist, muss nicht zwangsläufig auch immer Zeit für's Kind sein-vielleicht ist der Elternteil daheim chron krank, vielleicht gibts zu pflegende Angehörige etc pp...-da kann Fremdbetreuung schon manchmal Gold wert sein.

Wie andere auch schon erwähnt haben es ist außerdem nicht die Zeit allein die man mit dem Kind verbringt, sondern schon auch ganz massiv die Qualität dieser Zeit, die Qualität des Zusammenseins. Was hat ein Kind von einer Mama die immer daheim ist, aber den ganzen Tag vorm Fernseher hockt? Da hat ein Kinderl dessen Mama arbeiten geht und sich vorher/nachher aber ganz bewußt um den Sprößling kümmert deutlich mehr davon.

Ob Mama oder Papa daheim ist, ist heutzutage sehr häufig nur noch eine wirtschaftliche Frage. Nachdem aber meist der Mann derjenige ist der das größere Einkommen heimbringt ist es für viele Familien schlicht nicht leistbar den Mann in Karenz gehen zu lassen. Zumal es halt von manchem Arbeitgeber immer noch nicht gern gesehen wird, und damit halt der Job ein bisserl auf der Kippe steht (Kündigungsschutz hin oder her...).

Als letzter Punkt ist für mich schon auch noch anzuführen, das Kindergarten und Krippe für ein Kinderl sehr wertvoll sind. Geht es rein nach meinem Empfinden so möchte ich für unser Kind so lang als möglich daheim sein. Bei uns kommt aber der Punkt dazu, dass es keine Geschwister gibt und auch in unserem näheren Umfeld keine auch nur halbwegs gleichaltrigen Kinder. Und schon allein aus diesem Grund wird mein Kind 100% in den Kindergarten gehen und ggf-so sie schon früher Spielpartner sucht, vielleicht auch mal Tageweise in eine Krippe oder zu einer Tagesmutti. Nicht weil ich mein Kind abschieben möchte sondern weil ich es für sehr wichtig halte den Kontakt zu andern Kindern von anfang an zu fördern. Ist doch schlimm wenn ein Kind immer nur an Mama's Rockzipfel hängt.

Von daher würde ich es mir nicht anmassen von außen zu beurteilen ob Eltern Rabeneltern sind nur weil das Kind schon früh in die Krippe geht, oder die Mama vielleicht bald wieder Vollzeit arbeiten geht/gehen muss. Rabeneltern zeichnen sich für mich viel mehr im Umgang mit ihren Kindern aus  ;)

blaukleid

@ Zwetschgenmarmelade: Eigentlich hast du recht. Jetzt w die Diskussion zu dem Thema wirklich so interessant ist, sollten wir uns vielleicht alle gemeinsam die Ausstellung im Lentos Museum Linz ansehen und dort weiterdiskutieren  ;D Weißt du wie lange es die noch gibt?
@Mephisto: Genau sowas meine ich!!! Das sind die gesellschaftlichen Vorurteile, die auch ich mitbekommen habe und die mir ungerecht erscheinen. Kaum besucht man nicht den Schwimmkurs mit dem Kind ist es so als ob man den ersten Schritt verpasst hätte. Ich kenne das auch noch aus meiner Zeit als Babysitterin. Auch da wurde man manchmal schräg angesehen, weil nicht die Mutter mitkam oder das Kind abgeholt hat.
Stchwort Tagesbetreuung in der Firma: Das geht natürlich nur in großen Firmen, obwohl die Idee an sich nicht schlecht wäre.

Zu guter Letzt noch ein eigenes Erlebnis, das zum Thema passt und mich irgendwie geprägt hat: Mein Chef und seine Frau nennen es Kinderdienst, wenn einer von beiden das Kind abholen muss. Es erscheint mir immer wie eine Last für den Chef, sobald er Kinderdienst hat und das Büro verlassen muss. Der freut sich dann überhaupt nicht und das ist echt schade für das Kind.